Lesezeit

3m 12s

Share

Der Gaïa-Preis 2019

Mit dem Gaïa-Preis ausgezeichnet werden jeweils hervorragende Leistungen in den horologischen Bereichen Handwerk/Kreativität, Forschung/Geschichte und Unternehmertum. Der stets zur herbstlichen Tagundnachtgleiche verliehene Preis ging dieses Jahr an die Emailmalerin Suzanne Rohr, den Historiker Laurent Tissot sowie an den Unternehmer Karl-Friedrich Scheufele.

Suzanne Rohr

Suzanne Rohr wurde 1939 in Genf geboren und fiel schon als Kind durch ein aussergewöhnliches Talent im Zeichnen und Malen auf. Sie liess sich an der Kunstgewerbeschule Genf zur Emailmalerin ausbilden. Im Alter von nur 21 Jahren gründete sie in Lausanne ihr eigenes Atelier und blieb seither stets unabhängig.

Der Miniaturmaler Carlo Poluzzi wurde zu ihrem Mentor, sie übernahm diese Spezialisierung und erhielt immer mehr Aufträge von der Luxus-Uhrenindustrie im Jurabogen und in Genf. Seither bemalt sie fast ausschliesslich Email-Zifferblätter und Rückseiten von Taschenuhren mit runden Miniaturkopien berühmter Gemälde. Patek Philippe wurde ihr wichtigster Kunde.

Die Vermittlung ihres Kunsthandwerks an die nächste Generation war für Suzanne Rohr stets ein besonderes Anliegen. Zu ihren Schülerinnen zählt unter anderen Anita Porchet (Gaia-Preis 2015); mit ihr zusammen erhielt Suzanne Rohr 2017 den Jury-Spezialpreis des Grand Prix d’Horlogerie de Genève für die hohe Perfektion ihrer Arbeit.

Laurent Tissot

Der 1953 in Fribourg geborene Laurent Tissot studierte politische Wissenschaften an der Universität Lausanne, wo er 1987 mit dem Doktorat abschloss. Danach dozierte er an den Universitäten Fribourg, Lausanne, Genf und Neuchâtel; 2006 wurde er in Neuchâtel zum Ordinarius für Geschichte ernannt. Er spezialisierte sich auf die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte im Jurabogen beidseits der Ländergrenze.

Laurent Tissot verfasste zahlreiche Bücher, Monographien und Fachartikel zur Entwicklung des Tourismus und des Sports in der Schweiz und in den Nachbarländern. Ihn interessierte vor allem die Geschichte von Unternehmen im Juragebiet, insbesondere im Bereich der Mikromechanik und Uhren. Sein Hauptinteresse galt stets den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekten dieser Industrien. Tissot befasste sich auch intensiv mit der Uhrenkrise beim Übergang zur Quarz-Elektronik sowie der Mutation der Hochpräzisionsmechanik vom Zeitmesser zum Luxusartikel und Statussymbol.

Karl-Friedrich Scheufele

Der Schmuckhändler Karl Scheufele gründete1904 in Pforzheim eine „Goldwarenfabrik“. Er erfand auch eine Klammer, dank der man eine Taschenuhr am Handgelenk tragen konnte. Zwanzig Jahre später setzte er voll auf Schmuckuhren mit Schweizer Werken. Bei einem Bombenangriff auf Pforzheim wurde das Haus Scheufele 1945 vollständig zerstört.

Der ebenfalls Karl heissende Sohn des Firmengründers übernahm den Wiederaufbau der Firma, die von der dritten Scheufele-Generation richtig in Schwung gebracht wurde. Karl III verlegte den Firmensitz nach Birkenfeld, übernahm vom letzten Erben die fast vergessene Uhrenmarke Chopard in Genf und baute sie zu einem glanzvollen Namen im Bereich der Luxusuhren auf.

Karl-Friedrich Scheufele (Jahrgang 1958), ein Urenkel des Firmengründers, wurde in einer Genfer Privatschule ausgebildet, absolvierte eine Lehre als Goldschmied und studierte Wirtschaftswissenschaften in Lausanne. In Fleurier baute er eine firmeneigene Manufaktur von Uhrwerken auf, die auch Werke für die 2006 erworbene Chronometermarke Ferdinand Berthoud herstellt. Die Management-Aufgaben der Gruppe, die rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt, teilt sich Karl-Friedrich Scheufele mit seiner Schwester Caroline. Er ist ein engagierter Sammler antiker Uhren und Oldtimer-Autos und beteiligt sich jedes Jahr am legendären Rennen „Mille Miglia“ in Italien.

Neue Dimensionen des Preises

Erstmals vergibt das MIH im Rahmen des „Horizon Gaïa“ ein Stipendium von 25‘000 Schweizer Franken zur Talentförderung. Es wird von der Fondation Watch Academy finanziert. Die Stipendiatin ist Aude Moutoussamy, Inhaberin eines Masters in moderner Geschichte an der Universität Sorbonne. Sie will ein halbes Jahr lang ein Forschungsprojekt zur Wechselwirkung der Sozialen Medien mit verschiedenen Uhrenmarken durchführen.

Am Tag der Verleihung des Gaia-Preises 2019 wurde die Subskription für die originelle MIH-Gaia-Uhr eröffnet. Ihr Design ist von der Architektur des MIH und der Glaskugel inspiriert, die den Gaïa-Laureaten übergeben wird. Der Ertrag soll Restaurierungs- und Dokumentationsarbeiten von aussergewöhnlichen Objekten in der Sammlung des MIH finanzieren.

Verwandte Themen

Watches
 

Der Gaïa-Preis 2022

Der prestigeträchtige Gaïa-Preis ist wieder verliehen worden.

mehr
Special
 

Der Gaïa-Preis 2020

Der Preis ging an Antoine Preziuso, an Denis Savoie sowie an die Unternehmer Felix Baumgartner und Martin Frei.

mehr
Event

Die Gaïa-Preisträger 2017

Die diesjährigen Preisträger des „Nobelpreises“ der Zeitmessung heissen Richard Mille, Laurence Marti und Jean-Marc Wiederrecht.

mehr