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Schmucke Stücke aus PET

Ob Vogelhäuschen, Kerzenständer, Blumentopf oder Lampenschirm, PET-Flaschen eignen sich bestens für kreatives Upcycling. Eine besonders spannende Idee hatte Cassia Aegerter. Sie stellt frechen, luftig leichten Unikatschmuck aus dem vielseitigen Material her.

 

Angefangen hat die Geschichte mit einem schweren Unfall: 2011 stürzte Cassia Aegerter bei der ersten Fahrt mit ihrer fabrikneuen Vespa auf der Autobahn in der Nähe ihres Wohnortes Interlaken. Neben Stauchungen und Prellungen am ganzen Körper hatte sie offene Knochenbrüche und schlug sich fast alle Zähne aus. „Ich hätte auch tot sein können“, erinnert sich die gebürtige Brasilianerin. Während fast drei Jahren ging sie von Arzttermin zu Arzttermin und von Therapie zu Therapie. „Ich wurde depressiv und verlor allmählich die ganze Lebensfreude. Doch eines Tages erfüllte mich eine neue Kraft und ich wusste, dass ich mein Leben selber in die Hände nehmen muss, wenn sich etwas verändern sollte.“

In der Schweiz arbeitete Cassia Aegerter in der Aktivierung in einem Altersheim. In Brasilien hat sie früher als Goldschmiedin gearbeitet – das war ihr Traumberuf. Aus finanziellen Gründen war es ihr nicht möglich, hier ein Atelier einzurichten und sich bei

„Geduld und Leidenschaft sind gefragt“

einem Goldschmied um eine Anstellung bemühen mochte sie auch nicht, denn sie wollte schon immer ihre eigenen Ideen umsetzen. Zufällig sah sie im TV-Wissensmagazin Galileo ein Porträt von einer Spanierin, die aus PET-Flaschen Schmuck herstellte. „Der Gedanke aus Abfall etwas Neues entstehen zu lassen, faszinierte mich auf Anhieb“, so Aegerter. „Die gezeigten Arbeiten gefielen mir nicht wirklich, ich dachte mir, dass ich das besser machen kann.“ So begann sie, PET-Flaschen zu sammeln und an einer Verarbeitungstechnik zu feilen.

 

Dreijährige Entwicklung

Nach drei Jahren intensivem Experimentieren und Pröbeln wusste sie, wie sie aus dem Abfall-Material Schmuckstücke nach ihrem Gusto formen konnte. So viel Arbeit – oft bis tief in die Nacht hinein – sollte nicht für die Katze gewesen sein, also liess sie das Verfahren patentieren. Seither stellt sie Armreifen, Ringe, Anhänger und Ohrschmuck her. In ihren Unikaten kombiniert sie PET mit Swarovski- oder Farbsteinen, Zuchtperlen, Leder, Edelmetallen und Textilien, die ebenfalls aus PET hergestellt sind. Auf Wunsch versetzt sie die Schmuckstücke  auch mit Diamanten.

Wie sie das Material genau verarbeitet, will sie nicht verraten. Nur so viel gibt sie preis: „Um PET biegsam zu machen, braucht es ein bisschen Wärme. Ansonsten benutze ich verschiedene Techniken und bei der Arbeit sind viel Geduld und Leidenschaft gefragt.“

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Armreif aus einer Rivella-Flasche mit Farbsteinen dekoriert.

Handtaschen aus PET-Stoffen

Die Herkunft von Cassia Aegerter verrät einiges über ihr Temperament. Dazusitzen und nichts zu tun fällt ihr schwer. „Das geht gar nicht“, bestätigt die 48-Jährige. So ist sie immer auf der Suche nach neuen Ideen, die sie kreativ umsetzen kann, wie beispielsweise ein Magnetboard, an dem Frau ihre Kosmetikartikel übersichtlich und geordnet aufbewahren kann.

Nachhaltige Mode ist mehr als nur Bio-Baumwolle. So werden beispielsweise aus PET seit Jahren wärmende Faserpelzkleider hergestellt. Recycelte PET-Flaschen sind auch ein fester Bestandteil der Sport-Mode geworden. Durch Recycling wird atmungsaktiver Hightech-Polyester produziert. Inzwischen gibt es aus dem Material auch Stoffe, die sich wie Seide oder wie Leinen anfühlen. Diese Tatsache hat Aegerter auf die Idee gebracht, Handtaschen daraus herzustellen.

Wenn sie wieder ein paar neue Stücke fertig hat, präsentiert sie diese in Hotels, Shoppingcenters oder Modeboutiquen. Sie kann sich durchaus vorstellen, dass ihr extravaganter Schmuck in einer Bijouterie oder in einem Goldschmiedeatelier als Blickfang zur Geltung kommen würde und eventuell gar einen neuen Kundenkreis anlocken könnte. Cassia Aegerter will kein grosses Geschäft aufbauen. Sie hat es lieber klein und übersichtlich. Ihre Schmuckstücke sollen Einzelanfertigungen bleiben. Einen Wunsch hat sie jedoch: „Ich hoffe, mir als Designerin einen Namen schaffen zu können und als das in den entsprechenden Kreisen auch anerkannt zu werden.“

Daniela Bellandi

 

Info
www.cassia-design.ch
www.kosmetikboard.com

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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