Share

Guillochieren

Guillochierung: Die Kunst hauchfeiner Rillen

Die traditionelle, von Hand ausgeführte Guillochierung wird mit Hilfe von zwei Maschinentypen (Geradzug und Rundzug) betrieben. Lange Zeit eher im Uhrenbereich verwendet, bietet die Guillochierung auch für die Schmuckherstellung faszinierende Möglichkeiten. Die Hand-Guillochierung wird heute nur noch an wenigen Orten gepflegt.

 

Die Guillochierung entstand im 16. Jahrhundert. Eingesetzt wurde sie ursprünglich beispielsweise für Materialien wie Holz oder Elfenbein. Im 18. Jahrhundert wurde die Technik von den Uhrmachern aufgenommen um Taschenuhren zu verzieren, was zusätzlich auch gegen Verschleissspuren vorbeugte. Mit der Einführung der Armbanduhr, dem Verschwinden der Taschenuhr und dem Aufkommen automatischer Gravurtechniken verschwand die Guillochierung von Hand ab den 1930er-Jahren weitgehend. In der Schweiz wird sie heute im Kanton Neuenburg noch praktiziert.

 

Maschinen aus den 1930er-Jahren

Die traditionelle Guillochierung wird mit handbetriebenen Maschinen ausgeführt. Weil diese heute nicht mehr hergestellt werden, wird mit Maschinen aus den 1930er-Jahren oder noch älteren Modellen gearbeitet. Ein guter Guillocheur muss deshalb auch die Maschinen sehr genau kennen und in regelmässigen Abständen warten und justieren, da diese durch den Gebrauch jeweils an Präzision einbüssen. Zur Guillochierung werden Stichel verwendet, die in der Regel aus gehärtetem Stahl oder aus einer Wolframcarbit-Cobalt-Legierung bestehen.

Grundprinzip der Guillochierung

Dem Guillocheur stehen zwei verschieden Maschinentypen zur Verfügung, eine mit Rundzug und eine mit Geradzug. Bei einer Maschine mit Geradzug wird das zu gravierende Stück zunächst auf einer vertikalen Platte eingespannt. Durch das Drehen einer Handkurbel wird diese Platte langsam und kontinuierlich von oben nach unten bewegt. Zeitgleich drückt der Guillocheur den auf einer feststehenden Schiene angebrachten Stichel nach vorne – und damit in die Oberfläche des Stücks, das graviert wird.

Beim Guillochieren ist es zentral, dass der Stichel, einmal angesetzt, nicht mehr zurückgenommen wird. Erst am Ende einer Linie wird die Schiene, auf der sich der Stichel befindet, im richtigen Moment vom Material gelöst und nach hinten gezogen. Zwei Schwierigkeiten sind dabei besonders zu beachten: Die Bewegung der Platte durch die Handkurbel darf nicht ruckartig, sondern muss fliessend erfolgen. Gleichzeitig muss der Stichel mit gleichbleibender Kraft nach vorne gedrückt werden.

Arbeit im Zehntelmillimeter-Bereich

Ein wichtiger Indikator für die Kontinuität des mit der Hand ausgeübten Drucks stellt die Form und Breite des sich vom Material lösenden Spans dar. Während des Gravierens beobachtet der Guillocheur die Arbeit des Stichels durch ein Mikroskop, ohne das die Präzision der Gravur nicht gewährleistet wäre. Bei gröberen Mustern senkt sich der Stichel ungefähr 0,07 bis 0,1 Millimeter tief ins Material, bei feineren Mustern sogar nur 0,03 bis 0,01 Millimeter. Als Regel gilt, dass bei einem fertig guillochierten Stück Abweichungen von rund zehn Prozent von blossem Auge zu erkennen sind. Bei sehr feinen Mustern sind also bereits Abweichungen von 0,001 Millimetern sichtbar.

Muster folgt Patronenrelief

Nachdem eine Linie von oben nach unten graviert worden ist, wird die Schiene auf der sich der Stichel befindet, um eine Stufe nach rechts und die Platte wieder nach oben geschoben. Ein Federmechanismus drückt während des Gravierens die Platte, auf der das Schmuckstück montiert ist, auf der rechten Seite zusätzlich gegen eine vertikale Schiene. Dazwischen befindet sich ein Metallzeiger, der dieser entlang fährt. Ist die Oberfläche der Schiene flach, fährt der Zeiger und damit die mit ihm verbundene Platte (mit dem Schmuckstück) gerade nach unten – und graviert wird folglich eine Gerade. Zusätzlich kommen auch wellen- beziehungsweise reliefförmige Schienen – so genannte Patronen – zum Einsatz. Die Platte fährt entsprechend der Form der Patrone nach unten und der Stichel zeichnet eine geschwungene Linie.

Der Arbeitsvorgang bei einer Rundzug-Maschine ist im Prinzip derselbe. Im Unterschied zur Geradzug-Maschine dreht sich dort die Platte mit dem Schmuckstück allerdings nicht von oben nach unten, sondern im Kreis. Auch hier kommen reliefförmige Patronen zum Einsatz, sind hier nun allerdings scheibenförmig und auf der Achsenverlängerung hinter der Gravurplatte angebracht. Wiederum kommt die Patrone mittels Federmechanismus mit einem Zeiger in Kontakt, der die per Achse mit der Patronenscheibe verbundene Platte hin und her bewegt. Der Zeiger lässt sich zudem parallel zur Achse verschieben und tastet so je nach Position eine andere Patronenscheibe ab.