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Nachgefragt bei Andi Gut

Goldschmied Andreas Gut hat es längst aufs internationale Parkett der Künste geschafft. Heute arbeitet und wirkt der Zuger in Zürich und Pforzheim.

Andi, was hat die Coronakrise bei dir verändert?

Vieles. Unter anderem habe ich gemerkt, dass ich auch mit weniger Möglichkeiten, weniger grossem Radius und weniger Ablenkung ganz gut arbeiten kann und dabei zufrieden bin. Trotzdem kann ich kaum warten, bis die Massnahmen wieder gelockert werden. Momentan fehlt eine gewisse Leichtigkeit. Zudem verspüre ich Dankbarkeit für die Freiheiten, wie wir vorher hatten und ich hoffe, dass sie bald zurückkehren, wir uns wieder unbeschwert austauschen und gegenseitig unsere Kreativität befruchten können.

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Brosche „Athletes Foot“ aus Perlmutt, Malachit Pigment und Gold.

Was treibt dich am Morgen an, um ins Atelier oder in die Schule zu gehen?

Das sind die Überraschungen, die die Tage mit sich bringen. Wenn ich unterrichte, habe ich eine Vorstellung, was ich mit den Studierenden mache, aber ich weiss nie genau, wie meine Pläne ankommen. Ich gehe meist neugierig aus dem Haus, manchmal auch ein bisschen nervös, und finde es superspannend, dass das auch nach langjähriger Erfahrungen noch so ist. Genauso gespannt bin ich jeweils, wenn ich ins Atelier gehe, denn auch dort, weiss ich zum Voraus nie genau, was mein Tageswerk sein wird.

Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht relevant ist?

Ein DAB-Radio. Ich höre gerne World-Music, also Rhythmen aus den verschiedensten Kulturen und Teilen dieser Erde. Genauso gerne höre ich aber auch spannende Diskussionssendungen. Da ich beim Handwerk die Ohren frei habe, kann ich mich parallel dazu auf ganz andere Themen einlassen.

Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk am besten?

Ich finde es toll, dass die Gestaltung von Schmuck verschiedene Bereiche wie Tradition, Handwerk, Materialien, Chemie, Werkzeuge, Maschinen, Gestaltung Design, Edelsteine und Kunst umfasst. Goldschmied ist ein vielseitiger Beruf und gleichzeitig kann man mit wenigen Mitteln eine eigene Welt schaffen. Wenn ich ein Schmuckstück in Angriff nehme, so beginne ich eine Geschichte zu konstruieren, die erst später vom Kunden fertiggeschrieben wird.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Ich verfolge keinen konkreten Stil. Es ist eher so, dass ich ein Stück nach dem anderen mache und diese oft miteinander verbunden sind. Das heisst, dass sich die Schmuckstücke auf eine Art weiterentwickeln. Es gibt aber auch Sprünge, nach denen ich mich etwas ganz Neuem zuwende, das kann eine andere Technik, andere Materialien, Formen oder Ideen sein. Meine Stücke sollen im Alltag funktionieren, dürfen diesen jedoch mit einem Augenzwinkern auch positiv stören. Ein Beispiel dafür wäre eine Brosche, die für Aufmekrsamkeit sorgt und auf die die Trägerin angesprochen wird, so dass eine Konversation entstehen kann.

 Was kannst du besonders gut?

Ich habe mich auf das Unterrichten von Kreativität spezialisiert und kann Junge motivieren, indem ich ihnen die Angst vor „richtig“ und „falsch“ nehme. Ich kann die Studierenden gut leiten und ein Ambiente schaffen, dass Kreativität und Fantasie hervorruft.

Begleitet dich ein Lebensmotto?

Eine Weisheit von Epiktet gefällt mir gut: „Verlange nicht, dass die Dinge so gehen wie du es wünschst, sondern wünsche, dass sie so gehen wie sie gehen und du wirst glücklich sein“. Damit will der antike Philosophe sagen, dass nicht die Dinge und Ereignisse uns beunruhigen, sondern unsere Vorstellung davon. Nicht Ereignisse oder Umstände an sich machen uns glücklich, sondern die Art, wie wir sie begehren und wertschätzen.

 Zum Schluss darfst du wünschen, wen wir in dieser Serie als Nächstes befragen sollen.

Michèle Froidevaux aus Zürich. Sie ist eine talentierte Goldschmiedin, hat ein Atelier und gibt an der Migros Klubschule Kurse. Ich bewundere ihre Vielseitigkeit und dass sie Erwachsenen einen Zugang zu unserem schönen Handwerk ermöglicht.

Nach der Goldschmiede-Lehre bei Lohri in Zug hat sich Andi Gut an der Schule für Kunst und Gestaltung in Zürich weitergebildet. Anschliessend zog es ihn in die süddeutsche Schmuckstadt Pforzheim, wo er ein vierjähriges Studium in Schmuckdesign absolvierte. Dank eines Stipendiums konnte er daraufhin auf dem Maag-Areal in Zürich ein kleines Atelier einrichten und Abendkurse geben. Für Aufsehen gesorgt hat der heute 49-Jährige unter anderem mit seiner Ringserie Dingdrin. Dabei handelte es sich um Ringe mit winzigen Fotos, die mittels integrierten Mikrofilmen durch eine Linse gross angeschaut werden können. Seit 2007 ist er Professor an der Hochschule Pforzheim und kreiiert nebenbei seine eigenen Schmuckstücke. Werke von Andi Gut sind in internationalen Museen, Galerien und Privatsammlungen vertreten. (db)