Die Schweizer Uhrenindustrie sieht sich grossem Gegenwind ausgesetzt. Der starke Franken, hohe Zölle, massive Gold- und Energiepreise sowie eine gedämpfte Einkaufsstimmung angesichts vielfältiger weltpolitischer Unsicherheiten schwächen die Absätze. Die Schweizer Uhr als Produkt bleibt zwar gefragt, aber das Gesamtvolumen schwindet. Fünf Punkte unter der Lupe.
Swiss made / Es war Oliver Müller von Luxeconsult, der mit seinem Ausspruch „Selbst Donald Trump sollte begreifen, dass man Swiss made nicht in den USA herstellen kann“ den Nagel auf den Kopf traf. Schweizer Uhren haben im Weltmarkt einen grossen Reputationsvorteil. Würde man Uhren für den US-Markt in Übersee herzustellen, würde diese Reputation nachhaltig beschädigt. Die Genfer Gruppe Richemont hatte vor einigen Jahren mit der Lancierung der Einstiegsmarke „Baume“ versucht, dem Kostendruck im tieferen Segment zu entkommen. Es war ein Schuss in den Ofen, es fehlte schlicht das Siegel „Swiss Made“.
Smartwatch / Eine andere Geschichte ist der Markt für Smartwatches und Fitnessuhren, der laufend grösser wird. In diesem Bereich haben Swiss-made-Marken im unteren und mittleren Preisbereich ernsthafte Konkurrenz. Je nach Zahlen lag der weltweite Umsatz mit Smartwatches 2024 zwischen 35 und 55 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich, die Schweiz exportierte für rund 26 Milliarden Franken Uhren. Allein die Marke Apple setzte im Vorjahr mit seinen Uhren weltweit geschätzte 15 Milliarden US-Dollar um. Gerade in den USA dürften Marken wie Garmin oder Apple durch die US-Politik weitere Marktvorteile gegenüber traditionellen Schweizer Uhren bekommen.
China und die USA / Dass die grössten Absatzmärkte derzeit mit Problemen behaftet sind, steht ausser Frage. In China schwächelt der Immobiliensektor, ein Hauptmotor der Wirtschaft. Die USA haben mit ihren 39 Prozent Einfuhrzöllen auf Schweizer Industrieprodukte das Eintrittsticket für den Markt massiv erhöht. Spätestens ab Oktober haben viele Marken ihre Preise dort nun erhöht. Bereits im September schlug sich die Zollpolitik erstmals deutlich in den Exportzahlen nieder. Die USA, langjährige Spitzenreiterin in der Rangliste der besten Exportmärkte für Schweizer Uhren, lag mit einem Minus von 55,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat nur auf Rang 3, die fehlenden fast 200 Millionen Franken Exportsumme schmerzen und werden auch in den nächsten Monaten weiter fehlen.
Der Preis / Die Preise der Schweizer Uhren, gerade im Exportmarkt sind längst ein Problem. Der Frankenkurs hat im Vergleich zum Euro und zum Dollar historische Stärken angenommen. Hatte der Eurokurs im Oktober 2007, rund sechs Jahre nach seiner Einführung ein zwischenzeitliches Hoch von 1,67 Franken erreicht, geht er seither sukzessive zurück, mit einem Minusstand von aktuell 0,92 Franken. Ähnlich sieht es beim Dollarkurs aus, der in den letzten 25 Jahren von einem zwischenzeitlichen Hoch von 1,77 Franken im November 2000 auf den historischen Tiefstand von aktuell 0,79 Franken geschrumpft ist. Dass das der Schweizer Uhrenindustrie massiv zusetzt, steht ausser Frage. Aus all dem erklären sich teilweise auch die flächendeckend massiven Preiserhöhungen vieler Uhrenmarken in den letzten 15 bis 20 Jahren. Wobei die aktuelle Hausse des Goldkurses die Situation für einige Hersteller zusätzlich verschärft.
Die Volumen / Parallel dazu schwinden unaufhörlich die Produktionsvolumen. Ein Trend, der seit vielen Jahren anhält und auch im laufenden Jahr sichtbar geblieben ist. Zwischen 2019 und 2024 hatte das exportierte Volumen im Mittel um jährlich rund fünf Prozent abgenommen, von etwa 20,5 auf rund 15,5 Millionen Stück. Ein Trend der sich bis Ende September mit einem Rückgang um 6,2 Prozent auf 10,5 Millionen Stück für die ersten neun Monate nahtlos fortsetzte. Allein Apple dürfte im gleichen Zeitraum 25 Millionen Smartuhren verkauft haben.
Marcel Weder

