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Die Grundausbildung im Überblick

Die Schweiz zählt derzeit im Uhren- und Schmuckbereich neun Vollzeit-Ausbildungsstätten an acht verschiedenen Standorten. Sechs davon im Uhrenbereich und drei beim Schmuck. Dazu kommen die Berufsschulen im dualen Bereich für Uhrmacherei und Goldschmieden in Lugano. Sowie für das Goldschmieden an den Berufsschulen in Basel, Bern und Zürich.

Die sechs Uhrmacherschulen mit Vollzeit-Ausbildung befinden sich in Genf (Ecole d’Horlogerie in Plan-les-Ouates), Le Sentier (Ecole Technique de la Vallée de Joux/ETVJ), Le Locle (CPNE), Porrentruy (Cejef), Biel (Technische Fachschule) und Grenchen (Zeitzentrum). Im Schmuckbereich bieten die Schulen in Genf (CFP Arts), in Le Sentier (ETVJ) und in La Chaux-de-Fonds (CPNE) vierjährige Vollzeit-Ausbildungen im Bereich Goldschmieden an. Ab August 2025 zudem an der ETVJ ein neuer vierjähriger Vollzeit-Ausbildungsgang im Bereich Edelsteinfassen EFZ mit insgesamt 24 Plätzen verteilt auf die vier Ausbildungsjahre.

Dazu kommen in der Deutschschweiz die Berufsschulen in Basel (Schule für Gestaltung), Bern (Schule für Gestaltung) und Zürich (Schule für Gestaltung), an denen Goldschmiede, Silberschmiede und Edelsteinfasser im dualen Bereich ausgebildet werden. Im Tessin befindet sich die duale Berufsschul-Ausbildung am Standort Lugano-Trevano.

Schweizweit sind auf alle Lehrjahre verteilt 251 Goldschmiede (inkl. Silberschmiede und Edelsteinfasser) in einer dualen oder einer Vollzeit-Ausbildung, jeweils gemessen an den Zahlen zu Beginn eines Lehrjahrs. Bei einer geschätzten Abbruchquote von rund zehn Prozent sind es derzeit also rund 225 Lernende. Gemessen am Vollbestand von 251 entfallen rund 172 auf die Westschweiz (38 dual / 134 Vollzeit), 75 auf die Deutschschweiz und zwei auf das Tessin. Schweizweit waren die Zahlen der Neuanfänger seit 2019 stabil, wobei sie in der Deutschschweiz zuletzt leicht sanken, von 22 auf 17, in der Westschweiz leicht stiegen, von 39 auf 47.

Im Uhrenbereich waren gemäss Zahlen des Arbeitgeberverbandes der Schweizer Uhrenindustrie zuletzt bei den Kernberufen, ebenfalls gemessen an den jeweils Anfang Jahr registrierten Ausbildungsverträgen, 121 Uhrenarbeiter EBA (2 Jahre), 286 Uhrmacher Produktion EFZ (3 Jahre) sowie 387 Uhrmacher-Rhabillage EFZ (4 Jahre) und 49 Uhrmacher-Industrie EFZ (4 Jahre) in einer dualen oder einer Vollzeit-Ausbildung. Wobei auch hier generell von einer Abbruchquote von etwa zehn Prozent auszugehen ist. Gemäss den Neuverträgen von 2024 waren bei den Uhrenarbeitern rund 80 Prozent in einer dualen Ausbildung, bei den Uhrmachern Produktion rund 60 Prozent. Bei den Rhabilleuren absolvierten rund 80 Prozent eine Vollzeitausbildung, während die Uhrmacher Fachrichtung Industrie ausschliesslich dual ausgebildet werden.

Bei den weiteren Uhrenberufen sieht das Bild, gemäss Anfang Schuljahr registrierten Zahlen, wie folgt aus: Vollzeit und dual sind bei den Mikromechanikern EFZ (4 Jahre) derzeit 300 Lernende in Ausbildung, bei den Mikrozeichnern EFZ (4 Jahre) 106, beim Beruf Qualitätsfachmann/-frau Mikrotechnik EFZ (4 Jahre) sind es 47, bei den Polisseuren EBA (2 Jahre) 14 und bei den Oberflächenveredlern EFZ (3 Jahre) sind es 63. Bei den Uhrenberufen ist die Zahl der Auszubildenden in den letzten Jahren insgesamt stabil geblieben. Nach einen kleinen Einbruch 2018 mit 361 neuen Verträgen ist die Zahl von 2023 auf 2024 wieder auf 441 gestiegen, 230 davon dual und 211 Vollzeit.

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Herausforderungen in der Ausbildung

Sowohl im Uhren- als auch im Schmuckbereich bleibt die Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz stabil. Dies unterstreicht beispielweise Richard Carbonnelle, Leiter der Goldschmiedeausbildung an der CFP Arts in Genf, der pro Jahr jeweils rund 50 bis 60 Bewerbungen für einen der zwölf Plätze zählt. „Die Nachfrage nach einer handwerklichen Berufsausbildung wie dem Goldschmieden ist anhaltend gross. Die Jungen haben ein Bedürfnis, kreativ zu arbeiten und etwas mit den Händen herzustellen.“ Auf der anderen Seite beobachtet er jedoch mit Sorge das Bedürfnis seitens des Marktes nach Fachkräften mit Berufserfahrung. Entsprechend sei derzeit festzustellen, dass viele Betriebe lieber erfahrene Mitarbeiter einstellten, etwa aus dem benachbarten Frankreich, sprich aus Lyon oder Paris, statt unerfahrene Lehrabgänger, so Carbonnelle. Ähnliches erwähnt auch François Monnin, Goldschmiedeverantwortlicher an der ETVJ. Trotz guter Ausbildung sei es aktuell schwieriger geworden, nach der Ausbildung auf Anhieb eine Stelle zu finden, so Monnin.

Was die Unterrichtsgestaltung betrifft, bleibt im Schmuckbereich der Einbezug neuer Techniken, etwa das CAD, sowie die Anpassung an den neuen Bildungsplan eine permanente Herausforderung. Tony Marchese, Direktor des Pôle Arts Appliqués in La Chaux-de-Fonds, betont, dass die Umsetzung des neuen Bildungsplans nach wie vor eine zentrale Herausforderung darstelle. Eine wichtig Aufgabe bleibe zudem, neue Fertigungsarten und traditionelles Handwerk gleichermassen zu berücksichtigen. Dazu komme in ihrem Fall auch die Umstellung auf digitale Hilfsmittel im Unterricht unter dem Stichwort BYOD („Bring your own device“). Auch François Monnin betont die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem neuen Bildungsplan und unterstreicht, dass die Umstellungen sicher noch einige Jahre in Anspruch nehmen.

Frédéric Schütz, Direktor der ETVJ, unterstreicht zudem, dass man als kantonale Schule ständig im engen Kontakt mit der Uhren- und Mikrotechnik-Industrie stehe. Dabei werden die eidgenössischen Bildungspläne alle fünf Jahre aktualisiert, damit die Lerninhalte den jeweiligen Bedürfnissen der Industrie entsprechen. Was heute gefragt und gefordert sei, könne bereits morgen wieder obsolet geworden sein, entsprechend der Schnelllebigkeit des Marktes. „Es ist jedoch beruhigend zu sehen, dass sich immer mehr junge Menschen für unsere Ausbildungen interessieren. Wir denken übrigens gemeinsam mit den Unternehmen darüber nach, welche Ausbildungsgänge in naher Zukunft entwickelt oder geschaffen werden sollen“, so Frédéric Schütz.

Die Anpassungen an moderne Lernmethoden und an den neuen Lehrplan bleiben für die Schulen zentral. Sorgen bereiten die aktuellen Marktentwicklungen sowie der Mangel an dualen Lehrplätzen seitens der unabhängigen Fachhändler und Goldschmiede. Dazu kommt da und dort die Feststellung, dass in letzter Zeit vermehrt auch Konzentrationsmängel im Unterricht oder soziale Spannungen im Umfeld der Lernenden zu einem Thema geworden sind. Insgesamt bleibt das Bedürfnis und die Motivation seitens der jungen Menschen, eine handwerkliche Ausbildung in Angriff zu nehmen, im Uhren- wie im Schmuckbereich jedoch gross.

Marcel Weder

Titelbild: Das historische Hauptgebäude der ETVJ in Le Sentier.

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