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Nachgefragt bei Peter Nydegger

Seit 25 Jahren führt er in Zürich das Goldschmiedeatelier „Kosmos“ als Ein-Mann-Betrieb. Ausserdem engagiert sich Peter Nydegger an der Berufsschule für den Nachwuchs.

Gold’Or: Peter, was treibt dich an, wenn du am Morgen aufstehst und ins Atelier gehst?

Peter Nydegger: Zum Glück brauche ich dafür keinen speziellen Antrieb, denn ich öffne erst um 13 Uhr. Ich bin – oder besser gesagt war – ein Morgenmuffel und habe mir immer gewünscht, diese Tageszeit freihalten zu können. Inzwischen stehe ich trotzdem jeden Morgen um sieben Uhr auf und mache Schul- und Büroarbeit. Aufs Atelier freue ich mich besonders dann, wenn spannende Aufträge anstehen und ich die über Nacht gereiften Ideen konkret werden lassen kann.

Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht unbedingt relevant ist?

Auf der Werkbank hat es eigentlich nur Platz für Dinge mit Bezug zur Arbeit. An der Wand vor meinem Arbeitsplatz hängt jedoch ein Abguss von einem Kopf vom Hauptportal des Berner Münsters, das ich am Ende meiner Schnupperlehre als Steinbildhauer bekommen habe. Das war eine ernüchternde Erfahrung. Die Aufgabe, die ich zu erledigen hatte, war sehr eintönig: einen Quader um zwei Zentimeter kürzen. In der Hoffnung, dass ich noch etwas Spannenderes machen darf, führte ich sie trotzdem gewissenhaft aus. Das war dann nicht der Fall: Der Quader wurde gedreht, und ich musste eine zweite Seite kürzen. Die Skulptur erinnert mich daran, dass man sich eben manchmal durchbeissen muss, auch wenn es grad nicht so spassig ist.

1_Pneuringe 2_Knotenblume_5_Ueberkreuzungen 3_Knotenring_4_Ueberkreuzungen 4_Knotenring_8_Ueberkreuzungen 5_Kreuz_mit_Ankerkette
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Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk am besten?

Ursprünglich wollte ich einfach mit den Händen arbeiten und etwas entstehen lassen. Was genau, war mir gar nicht so wichtig. Schmuck als solches hat mich nicht sonderlich interessiert, viel mehr waren es all die Techniken, die dahinterstecken. Seit einigen Jahren konstruiere ich Schmuckstücke regelmässig auch am Computer. Das heisst für mich eintauchen in eine eigene virtuelle Welt. Das Gute daran, man kann sich auch mal Fehler leisten, die ausser Zeit nichts kosten, davon aber manchmal gehörig viel.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Ich mache viel auf Kundenwunsch, da bleibt der eigene Stil manchmal aussen vor. Meist versuche ich, meinem Schmuck einen tieferen Sinn zu geben, der über das Ästhetische hinaus geht. Zum Beispiel durch die Verbindung von unterschiedlichen Materialien, wie in Gold gefasstes rostiges Eisen. Eine Verbindung so gegensätzlich wie unsere Welt. Mathematische Knoten sind ebenfalls hoch interessante Gebilde. Ihre unlösbaren Verschlingungen geben auch optisch was her und sind Symbole für das Endlose, das Ewige.

„Meist versuche ich, meinem Schmuck einen tieferen Sinn zu geben.“

Wo ausser im Geschäft engagierst du dich noch in der Branche?

Seit acht Jahren arbeite ich in einem Teilzeitpensum als Berufsschullehrer an der Schule für Gestaltung in Zürich. Vor rund 25 Jahren habe ich mit Stellvertretungen und Weiterbildungskursen zur Schmuckdarstellung begonnen. 2008 habe ich den ersten Kurs mit dem CAD-Programm Rhino gegeben. Zudem bin ich Organisator und Ansprechperson für die überbetrieblichen Kurse (üK) und vermittle zwischen Schule und üK. Aktuell engagiere ich mich auch in der Arbeitsgruppe Berufsfachschule, die sich um die Ausarbeitung des sogenannten handlungskompetenzorientierten Lehrplans kümmert, der im Sommer 2022 umgesetzt werden soll.

 Was kannst du besonders gut?

Hhhmm, ich kann mich ganz gut in etwas vertiefen und nicht locker lassen, bis ich weiss, wie es funktioniert. Vieles habe ich mir autodidaktisch beigebracht. So auch einen Grossteil meines Wissens über das Rhino-Programm, das ich mir während nächtelangen Versuchen erworben habe. Zudem habe ich ein gutes fotografisches Gedächtnis, was sehr hilfreich sein kann.

Was tust du für die Umwelt?

Meine ganze Lebenssituation ist umweltfreundlich: Ich muss nicht pendeln, da ich nahe meinen Arbeitsplätzen wohne. Generell lebe ich relativ bescheiden, ich habe zwar ein Auto, einen neunjährigen Oekodiesel, der beim Kauf noch als umweltfreundlich galt, benutze ihn aber selten. Im Atelier arbeite ich nur mit rezykliertem Oekogold.

Was macht gute Laune?

Früher hätte ich gesagt Reisen. Das steht jetzt aber nicht mehr im Vordergrund. Was neben meinen Jobs viel Spass macht, ist der Umbau einer Wohnung, den ich mit einem Freund zusammen mache. Wir versuchen möglichst alles selber zu schaffen. Das nötige Wissen bringen wir uns mit Hilfe von YouTube bei.

Zum Schluss darfst du noch wünschen, wen wir in dieser Serie als nächstes befragen sollen.

Da kommt mir unter anderen Stefanie Angliker aus Rombach in den Sinn. Ich habe sie als gute Schülerin in bester Erinnerung und habe heute noch ab und zu Kontakt zu ihr.

Daniela Bellandi

kosmosschmuck@gmail.com

Schon früh war für Peter Nydegger klar, dass sein Beruf mit Kunsthandwerk zu tun haben muss. Also absolvierte er in Heimberg bei Thun eine Töpferlehre. Das Drehen von traditionellem Gebrauchsgeschirr hat in ihm aber nicht die grosse Leidenschaft entfacht. Nach dem Abschluss ging er auf Weltreise und begann anschliessend in Winterthur eine Lehre als Goldschmied. Danach sammelte er während zweier Jahre in einer Goldschmiede in München Berufserfahrungen. Später kam er nach Winterthur zurück und eröffnete sein erstes eigenes Atelier. Vor 25 Jahren folgte er einem Inserat und wollte am Werdgässchen 25 im Zürcher Kreis 4 eigentlich nur Werkzeug kaufen, das ein verstorbener Goldschmied hinterlassen hatte. Schliesslich übernahm der heute 57-Jährige dort gleich das ganze Atelier, in dem er sich immer noch pudelwohl fühlt.