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Rollen im Wandel

Der siebte und letzte Teil dieser Ratgeber-Serie behandelt die Frage, weshalb kleine Unternehmen ihre Zuständigkeiten regelmässig überprüfen sollten.

In einem kleinen Unternehmen sitzt jeder Handgriff. Die Mitarbeitenden kennen sich, einzelne Personen führen mehrere Rollen aus, Aufgaben sind eingespielt und vieles funktioniert „aus dem Bauch heraus“. Doch gerade diese scheinbare Routine kann trügen – vor allem, wenn sich das Unternehmen weiterentwickelt, die Anforderungen sich verändern oder neue Teammitglieder hinzukommen.

Wer langfristig erfolgreich bleiben will, sollte nicht nur Produkte, Preise und Prozesse anpassen, sondern auch die Rollen und Zuständigkeiten im Team, und das regelmässig. Denn nur wenn klar ist, wer was macht – und warum, bleibt das Unternehmen beweglich, effizient und gesund. Dieser Artikel zeigt auf, warum eine periodische Überprüfung der Rollen wichtig ist, worauf es dabei ankommt und wie diese Abläufe einfach in den Arbeitsalltag einbaut werden können.

Rollen sind keine Dauerlösung

In Unternehmen, die über die Zeit entstanden sind, ist vieles improvisiert. Der Inhaber oder die Inhaberin übernimmt Einkauf, Beratung, Produktion in der Werkstatt, manchmal auch Buchhaltung und Versand. Mit der Zeit entstehen daraus Aufgabenverteilungen – oft auf Zuruf, aus Gewohnheit oder weil „es eben immer so war“. Doch je länger das Unternehmen am Markt präsent ist, desto mehr verändern sich auch die Anforderungen an diese Rollen.

Ein Mitarbeitender, der anfangs für den Wareneingang und für die Büroarbeit zuständig war, kümmert sich plötzlich auch um Events und Newsletter. Die Assistenz, die ursprünglich Termine verwaltet hat, managt mittlerweile auch das Lager. Oft geschieht das schleichend – ohne formale Neuzuordnung. Das Ergebnis: Aufgaben verteilen sich ungleich, manche sind doppelt besetzt, andere fallen ganz unter den Tisch. Regelmässige Rollenüberprüfungen helfen dabei, Klarheit zu schaffen, Überlastung zu vermeiden und ungenutzte Potenziale im Team zu entdecken.

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Es braucht keinen Jahreswechsel, keine Krise und auch keinen Personalwechsel, um sich die Aufgabenverteilung im Unternehmen bewusst anzuschauen. Im Gegenteil: Je selbstverständlicher die Überprüfung wird, desto besser. Bewährt hat sich ein fester Rhythmus – zum Beispiel einmal im Quartal oder halbjährlich – in dem im Team reflektiert wird: Passt unsere Rollenverteilung noch zu dem, was wir heute tun?
Besonders wichtig ist die Überprüfung, wenn sich im Unternehmen etwas verändert hat. Neue Produkte, ein neuer Marktauftritt, technologische Umstellungen im Atelier oder eine stark gewachsene Kundenanzahl sind oft deutliche Zeichen dafür, dass auch die Zuständigkeiten neu gedacht werden müssen.

Was wird konkret überprüft?

Bei der Überprüfung geht es nicht nur um Jobtitel, sondern um die tatsächlichen Aufgaben, die tagtäglich anfallen, und um ihre Verteilung. Ein guter Einstieg ist die Frage: Wer macht eigentlich was, und warum gerade diese Person? Dabei sollte man auch den Blick darauf richten, ob wichtige Aufgaben aktuell klar zugeordnet sind oder zwischen den Stühlen hängen. Gleichzeitig lohnt es sich, zu prüfen, ob einzelne Teammitglieder überlastet sind oder Aufgaben erledigen, für die andere besser geeignet wären.
Nicht zuletzt kann ein solcher Check dabei helfen, Doppelarbeit aufzudecken. In vielen Unternehmen pflegen verschiedene Personen eigene Listen, Ablagen oder Kundenkontakte – ohne voneinander zu wissen. Das kostet Zeit und Energie.

Im Idealfall beginnt der Prozess mit einer kurzen schriftlichen Übersicht: Jede Person hält fest, welche Aufgaben sie aktuell ausführt. Ein gemeinsam bearbeitetes Dokument in der Cloud eignet sich ideal dafür. Eine stichpunktartige Sammlung reicht aus. Anschliessend trifft man sich im Team und spricht offen darüber, was gut läuft, wo es Reibungspunkte gibt und welche Aufgaben sich im Alltag verändert haben. Oft wird dabei schnell deutlich, wo es Lücken oder Überlappungen gibt. Manchmal entstehen auch ganz neue Rollen – etwa, wenn jemand aus Freude regelmässig in den sozialen Medien Inhalte veröffentlicht, obwohl das nie offiziell als Aufgabe definiert worden ist.

Wichtig ist, dass die Rollen nicht „von oben“ neu verteilt werden, sondern im Dialog mit dem Team entstehen. So fühlen sich alle Beteiligten ernst genommen und können ihre eigenen Stärken besser einbringen. Gleichzeitig entsteht ein gemeinsames Verständnis dafür, wer welche Verantwortung trägt – was die Zusammenarbeit deutlich erleichtert.

Die Rolle der Inhaberin

In inhabergeführten Unternehmen ist die Eigentümerin oft nicht nur Chef, sondern auch Ideengeberin, Verkäuferin, Entscheiderin und Problemlöserin in einem. Doch gerade im Hinblick auf Wachstum, Übergabe oder Verkauf ist es entscheidend, dass auch die eigene Rolle regelmässig hinterfragt wird. Welche Aufgaben könnte jemand anders übernehmen – dauerhaft oder als Ziel in absehbarer Zukunft? Welche Entscheidungen müssen auf dem Schreibtisch der Inhaberin landen? Und wo wäre es sinnvoll, Verantwortung abzugeben?

Diese Reflexion ist nicht immer einfach, aber notwendig, um das Unternehmen mittel- bis langfristig unabhängig von einer einzelnen Person aufzustellen. Je klarer die Rolle der Inhaberin definiert – und diese schrittweise entlastet wird – desto stabiler und widerstandsfähiger wird das Unternehmen für die Zukunft.

Die regelmässige Überprüfung und Anpassung von Rollen ist kein Zeichen von Schwäche oder Unsicherheit, sondern Ausdruck professioneller Unternehmensführung. Sie hilft dabei, die Arbeitslast sinnvoll zu verteilen, Klarheit zu schaffen und das Unternehmen flexibel zu halten – selbst wenn sich die Anforderungen ändern. Wer diesen Prozess fest im Alltag verankert, gewinnt nicht nur an Effizienz, sondern auch an Teamstärke, Vertrauen und Handlungssicherheit. In einem dynamischen Marktumfeld ist dies ein unschätzbarer Vorteil – gerade für kleine Unternehmen, die stark werden wollen.

David Gygax

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