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Zwischen Amaretti und Seifen

Der Tessiner Goldschmied Carlo Sello liebt das Neue. Diesen Sommer hat er sich auf unbekanntes Terrain begeben: Auf dem Markt in Ascona verkaufte er jeden Dienstag Kreationen aus Elektrodraht. Seine Bilanz fällt zwar durchzogen aus und doch hat er bei diesem Experiment auch viel gelernt.

Angefangen hat es mit einem Kreuz. Eine Auftragsarbeit für die Freundin einer Bekannten aus Rom. Es sollte ein Kreuz-Anhänger werden, wobei die Freundin zwar gläubig sei, „aber doch auch nicht allzu sehr“. Carlo Sello überlegt hin und her und kommt auf die Idee, die eine Hälfte aus Edelstahl zu fertigen und die andere zu stilisieren und mit dem roten Mantel eines Elektrodrahts zu überziehen. Die Kreation findet bei der Auftraggeberin so grossen Anklang, dass sie das Schmuckstück am liebsten gleich selber behalten hätte.

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Kit „Der kleine Goldschmied“: mit zylindrischen und konischen Ringstäben aus Holz kann der Draht zu einem Ring gewickelt werden.

Zehn Tage

Die Arbeit mit Elektrodraht hat Carlo Sello grossen Spass gemacht. Er war sich aber bewusst, dass sein Atelier kaum der richtige Ort für ein solches „Elektroschmuck“-Projekt ist. Also kontaktierte er im Sommer 2018 den Markt in Ascona und bewarb sich um einen Standplatz. Im Frühling 2019, zehn Tage vor Beginn des Sommermarkts, der jeden Dienstag von März bis Oktober stattfindet, erhielt er eine Zusage. Sello war einverstanden und fertigte innerhalb von zehn Tagen (und Nächten) eine erste Schmuckkollektion aus Elektrodraht.

Die Variation der Stücke ist gross. In Sellos Angebot finden sich Armreife, Ringe und Anhänger in verschiedensten Farben und Formen. Je nach Wickelungstechnik tauscht er den inneren Kupferdraht durch Stahldraht aus, um mehr Stabilität zu erhalten. Die Technik, die er dabei anwendet, sei aber „geheim“, denn es habe doch viele Stunden des Tüftelns gebraucht, so Sello.

„Der kleine Goldschmied“

Mitte Sommer kam Sello zudem auf die Idee, ein Kinder-Kit für Schmuck aus Elektrodraht zu entwickeln. „Der kleine Goldschmied“ besteht aus acht unterschiedlich langen Elektrodrähten mit Holzkugeln als Endstücken sowie einem zylindrischen und einem konischen Ringstab aus Holz, mit dem der Draht zu einem Ring gewickelt werden kann. „Die Kits sind sehr gut angekommen”, so Sello. Jeder Goldschmied kann selbst solche Stäbe produzieren. Es sei faszinierend zu sehen, mit welcher Freude und Hingabe Kinder die Ringe wickeln und fertigen. Ausserdem rege es die eigene Fantasie an. „Man hat keine Angst, Fehler zu machen!“, so Sello.

Durchzogene Bilanz

Mit der Bilanz seines Marktabenteuers ist Sello jedoch nicht vollends zufrieden. Anfangs sei die Resonanz auf seinen Elektroschmuck eher schwach gewesen. Möglicherweise habe es auch an der Platzierung gelegen, meint Sello ironisch. „Zwischen Amaretti und Seife Schmuck zu verkaufen, ist vielleicht nicht ganz optimal“. Ausserdem gebe es auf diesem Markt vielleicht auch nicht das Publikum, das sich für diese Art von Schmuck interessiere und gleichzeitig ein Auge für Qualität habe, so Sello. Denn dies sei trotz des Materials „Elektrokabel“ immer oberste Priorität gewesen: Schmuck in einer handwerklichen Qualität anzubieten, hinter der er mit seinem Namen stehen könne.

Ob er im nächsten Jahr wieder auf dem Markt in Ascona ausstellt, hat Carlo Sello noch nicht entschieden. Zuerst will er noch abwarten, ob die Marktpräsenz ihm einen gewissen Werbeeffekt für sein Goldschmiedegeschäft beschert hat. Und vorderhand hat er ohnehin genug zu tun mit seinen Kreationen in Gold. (mw)

www.sello.ch

Bild: Anhänger mit Kugeln, ähnlich einer von Sello in Gold gefertigten Kollektion.

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