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Nachgefragt bei Esther Tommasi, Locarno

Esther, was treibt dich an, wenn du am Morgen aufstehst und in dein Atelier gehst?

Esther: Ich kann es selber kaum glauben, aber letztes Jahr durfte ich mein 40-jähriges Atelier-Jubiläum feiern. Das Schöne daran ist, dass ich mir nun den Luxus erlauben kann, dann ins Geschäft zu gehen, wenn ich Musse habe oder wenn etwas fertiggestellt werden sollte. Meine treuen Kundinnen und Kunden sind zudem einverstanden, mich nach Terminvereinbarungen zu treffen, dafür bin ich ihnen dankbar. Das will jedoch nicht heissen, dass ich nicht regelmässig dort bin, aber unter diesen Umständen brauche ich keinen speziellen Antrieb, um ins Atelier zu gehen.

Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk am besten?

Eigentlich ist es immer noch die gleiche Motivation, die ich bei der Berufswahl schon verspürt habe, nämlich aus wertvollem Rohmaterial mit den Händen ein ansprechendes Endprodukt zu fertigen. Die Metalle und vor allem die Edelsteine faszinieren mich nach wie vor. Sie sind meine grosse Leidenschaft.

Gibt es da Favoriten?

Besonders schön finde ich Turmaline in allen Farben oder Spinelle mit ihrer starken Leuchtkraft und Chrysoberyll-Katzenaugen.

Was kannst du besonders gut?

Schmuckstücke entwerfen und mich auf die Wünsche der Kunden einlassen. Wenn ich einen Stein betrachte, sehe ich sofort, was daraus gemacht werden kann. Wenn Leute mit Erbstücken kommen und ich etwas Neues daraus machen soll, ist das meistens eine spannende Herausforderung.

Wie findest du einen Ausgleich zum beruflichen Alltag?

Da ich keine offiziellen Öffnungszeiten mehr befolge, vermischt sich meine Arbeit oft mit der Freizeit. Aber zum Entspannen bin ich gerne am oder auf dem See. Zudem lese ich viel, von Belletristik über Sachbücher bis zu Zeitungsberichten.

Wofür gibst du unnötig viel Geld aus?

Die Magie der Edelsteine nimmt mich so in den Bann, dass ich trotz riesigem Lager nie genug davon kriegen kann. Wenn ich einen schönen Stein sehe, kann ich nicht widerstehen. Fast genauso geht es mir bei Wintermänteln aus schönen Stoffen wie beispielsweise Samt.

Was würdest du einem jungen Menschen mit auf den Weg geben?

Einem jungen Goldschmied würde ich raten, sich selbstständig zu machen, nicht aufzugeben, zuverlässig und präzis zu arbeiten. Wenn der Kunde im Mittelpunkt steht, lässt der Erfolg meistens nicht lange auf sich warten.

Mit welcher Berühmtheit würdest du gerne einen Tag verbringen?

Da kommt mir spontan Leonardo Da Vinci in den Sinn. Der war so unglaublich vielseitig talentiert. Mit ihm würde ich gerne über schöpferische Geisteskraft reden.

Was macht gute Laune?

Edelsteine betrachten (lacht). Ich zeige mein grosses Lager auch gerne meinen Kundinnen und lasse sie wissen, dass ich „steinreich“ bin.

Zum Schluss darfst du wünschen, wen wir in dieser Serie als nächstes befragen sollen.

Ich würde mich auf die Antworten von Sibylle Gut aus Lichtensteig im Toggenburg freuen. Sie ist eine hervorragende Goldschmiedin. Unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt. Nun sind wir uns länger nicht mehr begegnet und dies wäre eine gute Gelegenheit, wieder etwas von ihr zu hören oder zu lesen.

Daniela Bellandi

esther-tommasi.ch

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