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In anderen Sphären

Seit Anfang 2018 veröffentlicht Morgan Stanley in Kooperation mit Oliver Müller, Inhaber von Luxeconsult, einen jährlichen Bericht zur Schweizer Uhrenindustrie mit geschätzten Umsatzzahlen der 50 verkaufsstärksten Marken. Ein paar markante Auffälligkeiten innerhalb eines Quervergleichs der Berichte 2017 bis 2022.

Ein Rückblick über die letzten sechs Jahre der Schweizer Uhrenindustrie ergibt ein deutliches Fazit: Rolex zog von fast vier auf über neun Milliarden Schweizer Franken davon. Die Swatch Group stagnierte in der gleichen Zeit – bei einer Umsatzhöhe zwischen 7,99 (2017) und 7,5 Milliarden Franken (2022) mit einem zwischenzeitlichen Höchststand von 8,48 Milliarden (2018) – und einem Tiefpunkt von 5,6 Milliarden im Coronajahr 2020. Die Schweizer Uhrenindustrie im Ganzen schwankte zwischen 2017 und 2022 in puncto Exportzahlen zwischen 19,92 Milliarden (2017) und 24,834 Milliarden (2022) mit einem Tiefstwert von 16,99 Milliarden Franken (2020).

Gipfelkönigin Rolex

Zwischen 2017 und 2022 machte der Königin Rolex niemand die Gipfelkrone streitig, im Gegenteil. In den letzten fünf Jahren vergrösserte sich der Abstand zur zweitplatzierten Marke (2017: Omega; 2022: Cartier) sogar markant. So belief sich Rolex’ Umsatz 2017 auf 3,9 Milliarden Franken, jener von Omega auf 2,27 Milliarden. Fünf Jahre später, 2022, war Rolex auf geschätzte 9,3 Millionen Franken davongezogen und schwebt in anderen Sphären. Die zweitplatzierte Marke, Cartier, generierte 2022 einen Umsatz von 2,75 Milliarden Franken, kaum mehr als Omega 2017 auf dem zweiten Platz erzielt hatte. Cartier hatte dabei ihren Uhrenumsatz in den letzten fünf Jahren von 1,65 Milliarden auf den genannten Wert gesteigert, sprich um rund 66 Prozent (bzw. rund 13% pro Jahr), während Omega nur minim von 2,27 auf 2,47 Milliarden Franken zulegte.

Erklärungen für die immense Umsatzdynamik der Marke Rolex notabene in den Jahren 2020 bis 2022 könnten im Phänomen Corona zu suchen sein. Die vermehrte Verlagerung der Kundenrecherche ins Internet könnte gerade bei einer derart identitätsstarken Marke wie Rolex aufgrund eines hohen Vertrauensbonus bei den Kunden dazu geführt haben, dass diese die Uhren reihenweise via Online-Recherche bestellten, ohne sie je vorher gesehen zu haben. Diesen Vorteil hatten unbekanntere Marken im oberen Preissegment in der Regel nicht, die in der Regel deutlich beratungsintensiver sind.

In Bezug auf das Podium der umsatzstärkten Schweizer Uhrenmarken bleibt bemerkenswert, dass seit 2017 immer die gleichen drei Marken ganz oben liegen: Rolex, Cartier und Omega – auch wenn die Nummern 2 und 3 ab 2021 die Plätze getauscht haben. Anders sieht es beim Platz 4 aus: Hier figurierte zwischen 2017 und 2019 die Marke Longines, die mittlerweile auf Platz 7 abgerutscht ist und 2022 mit 1,2 Milliarden Franken weniger Umsatz erzielte als 2017 (1,47 Mia.). In umgekehrter Richtung unterwegs war Audemars Piguet, die von 2017 bis 2022 vom 7. auf den 4. Rang vorrückte, bei einer Umsatzzunahme von 930 Millionen (2017) auf 2 Milliarden Franken (2022).

Zu den prominenten Aufsteigern der letzten Jahre zählt gemeinhin die Marke Breitling: Dies schlägt sich auch in den Zahlen von Morgan Stanley nieder: Dort lag Breitling 2017 mit einem geschätzten Jahresumsatz von 320 Millionen Franken auf Rang 19; fünf Jahre später figurierte die Grenchener Marke zehn Plätze besser platziert auf Rang 9 mit einem geschätzten Jahresumsatz von 860 Millionen Franken. Noch beeindruckender liest sich die Leistungssteigerung der Highend-Marke Richard Mille, deren Umsatz sich von 180 Millionen Franken (2017) auf rund 1,3 Milliarden Franken gesteigert hat (2022), was einen Aufstieg von Rang 31 auf Rang 6 zur Folge hatte. Ebenfalls beeindruckend, wenn auch auf tieferem Niveau, präsentiert sich das Wachstum der Rolex-Schwestermarke Tudor, die 2017 mit einem Umsatz von 230 Millionen Franken auf Rang 24 lag und fünf Jahre später mit einem Umsatz von 570 Millionen Franken bis auf Rang 15 vorgestossen ist.

Viele stagnierten

Viele andere Top-Brands stagnierten dagegen weitgehend auf hohem Niveau: IWC erzielt 2017 rund 850 Millionen, 2023 waren es rund 900 Millionen; auch Jaeger-LeCoultre lag 2022 (640 Mio.) nur wenig über dem Niveau von 2017 (600 Mio.), während TAG Heuers Umsatz von 830 Millionen (2017) auf 729 Millionen Franken (2022) zurückging. Noch mehr Federn lassen musste Tissot, deren Umsatz von über einer Milliarde Franken (2022) auf 750 Millionen Franken zurückging, sprich um fast 25 Prozent in vier Jahren.

Andere prominente Swatch-Group-Marken mussten ebenfalls kleinere Brötchen backen: Rado beispielsweise erzielte 2017 einen Umsatz von 323 Millionen Franken, 2022 waren es noch 255 Millionen Franken. Bewegender war dagegen die Leistungskurve der Kernmarke Swatch, die von 380 Millionen (2017) zunächst auf rund 184 Millionen (2020) abflachte und sich dank des Moonswatch-Effekts 2022 wieder auf über 400 Millionen Franken erholte.

Drei abschliessende Beispiele veranschaulichen das zähe Feld, auf dem sich manch eine prominente Uhrenmarke trotz Luxus-Portfolio derzeit bewegt: Panerai konnte seinen Umsatz von 450 Millionen (2017) auf rund 570 Millionen (2022) zwar ordentlich steigern, büsste allerdings in der Gesamtrechnung drei Plätze ein und figurierte 2022 auf Platz 16. Girard-Perregaux wiederum stagnierte zwischen 2017 und 2022 bei rund 80 Millionen Franken, während Ulyssee Nardins Umsatz von 100 Millionen auf 75 Millionen Franken zurückging. Entsprechend wurden die letzteren beiden Marken 2022 von der Luxus-Gruppe Kering – angeblich für ein Butterbrot – an ihr Management rund um Geschäftsführer Patrick Pruniaux veräussert.

 

Marcel Weder

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