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Die Baselworld will Verantwortung übernehmen

Die Baselworld 2018 ist Geschichte – und alle sind froh, dass das Fazit am Ende positiv ausgefallen ist. Die Grossen der Halle 1.0, so hat die Messeleitung am Schlusstag kommuniziert, kommen 2019 alle wieder – auch Breitling. Klar ist, die Messe ist im Umbruch und muss die Interessen der Grossen mit jenen der Kleinen zusammenbringen, will sie fortbestehen.

Die Baselworld 2018 hat ihre Tore unter positiven Vorzeichen geschlossen. Ein grosses Thema war selbstredend die massive Reduktion von 1300 auf 650 Aussteller sowie mögliche weitere Abgänge im kommenden Jahr. Im Vorfeld waren alle Szenarien durchgespielt worden, spekuliert wurde sogar, ob die Tage der Baselworld nach dieser Auflage gezählt sein könnten. Während der Messe selber galt eigentlich schon als ausgemacht, dass der Aussteller-Exodus nächstes Jahr weitergeht. Der Weggang von Breitling beispielsweise schien bereits festzustehen. Im Licht der Nüchternheit lösen sich Gerüchte aber gern in Luft auf. Mit sichtlicher Erleichterung konnte Messedirektorin Sylvie Ritter anlässlich einer ausserordentlichen Pressekonferenz am letzten Messetag verkünden, dass sämtliche Aussteller der Halle 1.0 für das nächste Jahr wieder zugesagt hätten – also auch Breitling. Einzig die Genfer Uhrenmarke Raymond Weil liess ihre Teilnahme für das nächste Jahr offen.

Terminfrage stellt sich nicht vor 2020

Und auch der nächstjährige Termin, der bis zum Ende der Messe ungewöhnlicherweise noch vage als „im März“ kommuniziert worden war, steht nun fest: 2019 findet die Baselworld vom 21. bis 26. März statt – also wie 2018 während sechs Tagen. Spätestens ab 2020 stellt sich aber die Frage, ob der Märztermin noch zu halten sein wird, oder ob eine Verlagerung in den Februar und damit eine Annäherung in Richtung SIHH nicht sinnvoller wäre, so wie das wohl insbesondere die beiden grossen Genfer Marken befürworten. Und noch etwas längerfristig gedacht, bleibt zu fragen, ob sich die Schweiz noch zwei grosse Messen innerhalb von einem Jahr leisten kann oder ob es nicht viel effizienter wäre, die Baselworld und die SIHH (wieder) zusammenzulegen.

Und sie bewegt sich doch!

Während der ausserordentlichen Pressekonferenz am Schlusstag der Baselworld liess Sylvie Ritter auch mit der Aussage aufhorchen, dass man die Preise möglicherweise noch nicht für alle (kleineren) Aussteller ausreichend gesenkt habe. Das sind Töne, die man vom Baselworld-Team in dieser Form bis dato nicht gehört hatte und die darauf hindeuten, dass man den Schuss vor den Bug zur Kenntnis genommen hat. Zudem ist davon auszugehen, dass auch die grossen Aussteller ein Interesse an der Zukunft der Baselworld haben. Anders jedenfalls ist es nicht zu erklären, dass Tissot-Chef François Thiébaud, notabene ein Sprachrohr der Swatch Group, von Michel Jeannot in der Zeitung L’Agefi mit den Worten zitiert wurde, ein weiterer Schwund der Aussteller würde das Aus der Baselworld bedeuten.

„Wir wollen die Branche weiterhin in ihrer ganzen Vielfalt zeigen“

Die Besucherzahlen selber sollen sich gemäss Ritter auf Vorjahresniveau bewegt haben. Viel relevanter als etwaige reale oder fiktive Besucherzahlen ist aber, dass die Mehrheit der Aussteller mit einer Messe zufrieden ist, und dies dürfte dieses Jahr der Fall gewesen sein. Ob es der Messe gelingt, auch im Schmuckbereich einen Turnaround in Angriff zu nehmen, muss abgewartet werden. Das folgende Statement von Sylvie Ritter deutet zumindest in eine positive Richtung: „Wir haben eine Verantwortung der Branche insgesamt gegenüber, wollen sie weiterhin in ihrer ganzen Vielfalt präsentieren. Wir möchten daher auch mittleren Schmuckunternehmen und den Maschinen-Herstellern wieder eine Präsenz in Basel ermöglichen. Für kleinere Aussteller wird es neue Formate geben, die wir im Laufe des Jahres entwickeln werden und die sich an deren finanziellen Möglichkeiten orientieren.“ Gleichzeitig relativierte der Geschäftsführer der MCH Group, René Kamm, Ritters Aussage mit der Feststellung, dass diese neuen Formate nicht darauf abzielen würden, die Ausstellerzahl wieder zu heben. „Wir haben eine gute Grösse erreicht“, so Kamm, eine unkontrollierte Erweiterung werde also nicht angestrebt. Ob zumindest wieder eine kontrollierte Erweiterung einsetzt, bleibt abzuwarten.

Die kleinen Aussteller brauchen Basel

Klar ist, dass insbesondere die grossen Uhrenmarken rein rechnerisch gut auf die Baselworld verzichten könnten. „Wenn es nur um den Verkauf ginge, würden wir Basel nicht brauchen“, ergänzt Jean-Claude Biver, der auch Präsident der Uhrensparte der LVMH-Gruppe ist. Gleichzeitig betont Biver, dass gerade im digitalen Zeitalter Messen als Networking-Plattform mit „direktem Augenkontakt“ umso bedeutender seien. Im Uhrenbereich ist die Messe aber aktuell insbesondere für kleine Aussteller von immenser Bedeutung. Ein kleines Beispiel muss genügen. Bob Bray, Inhaber des englischen Tisch- und Standuhrenherstellers Sinclair Holding und Mitglied der Académie Horlogère des Créateurs Indépendants (AHCI), vermeldete allein für die ersten zwei Baselworld-Tage den Abschluss von 46 Aufträgen. Wie Bray angibt, sei dies für sein Unternehmen ein enormer Erfolg. Ein Erfolg, der auch auf die ungebrochene Sogwirkung der Baselworld hinweist. Gleichzeitig gibt er auch zu verstehen, dass es derzeit weltweit keine vergleichbare Messe für Uhrenhersteller seiner Grösse gibt. Für viele kleine Uhrenhersteller bleibt die Baselworld die wichtigste Uhrenmesse weltweit. Ihr Verschwinden hätte für viele von ihnen unmittelbar wirtschaftliche Folgen.

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