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Frieden feiert 125 Jahre

Die Schmuckmanufaktur Frieden AG Creative Design feiert ihr 125-jähriges Bestehen. Ein Gespräch mit den aktuellen Inhabern, was dies für sie bedeutet, und mit der dritten Generation Frieden, wie sie die Vergangenheit erlebt hat.

Gold’Or: Herr und Frau Aeschbacher, Sie haben die Frieden AG 2018 übernommen, das heisst, sie sind damals in 120 Jahre alte Fussstapfen getreten. War das ein Vor- oder Nachteil?

Patrick Aeschbacher: Eine lange Tradition ist nie ein Nachteil. Sie beweist, dass die Geschäftsinhaber über Generationen hinweg Durchhaltewillen und Innovationskraft hatten und fähig waren, die Firma immer wieder neu zu positionieren.

Was hat Sie speziell zum Kauf der Aktien der Frieden AG bewogen?

Patrick Aeschbacher: Es war die Herausforderung, nach 20 Jahren Detailhandel in den Grosshandel und die Schmuckfabrikation  einzusteigen; nicht nur Juweliere in der Schweiz zu beliefern, sondern auch international tätig zu sein; an Messen teilzunehmen und den Edelsteinhandel kennen zu lernen.

Brigitte Aeschbacher: Mich hat ebenfalls die Herausforderung gereizt, Grosshandel zu betreiben. Zudem lockte mich die Aussicht, selbst kreativ tätig sein zu können.

Haben Sie dies in den letzten fünf Jahren schon umsetzen können?

Brigitte Aeschbacher: Ich habe verschiedene Schmucklinien mit eigenen Entwürfen ergänzt. Zudem hat meine erste Kollektion „Mother & Daughter“ zu meiner Freude grossen Anklang gefunden. Bald werden wir meine Jubiläums-Kollektion präsentieren.

„Eine lange Tradition beweist Durchhaltewillen und Innovationskraft.“ Patrick Aeschbacher

Herr Frieden, während mehr als 50 Jahren waren Sie die Führungskraft des Unternehmens. Fehlt Ihnen seit dem Verkauf der Firma etwas?

Thomas Frieden: Nein, im Gegenteil. Entlastet vom Administrativen, konnte ich mich seither intensiv meiner Leidenschaft, der Gemmologie und insbesondere dem Handel mit Farbedelsteinen widmen und damit aktiv zum Umsatz beitragen.

Und wie ist es Ihnen ergangen, Frau Frieden?

Charlotte Frieden: Ich war bisher noch nie „arbeitslos“. Da wir Aeschbachers versprochen hatten, sie während einer unbestimmten Zeit aktiv zu begleiten und zu unterstützen, war ich weiterhin zuständig fürs Marketing, insbesondere für die Grosshandelskunden. Im Moment besteht meine Haupttätigkeit darin, an einem Buch zum Jubiläum mitzuarbeiten. Es soll keine gewöhnliche Chronologie werden, sondern eine lose Folge von „Geschichten aus 125 Jahren“, mit Anekdoten und Reminiszenzen aus allen Jahrzehnten. Mein Mann hilft tatkräftig mit und unserem jüngeren Sohn Lukas obliegt die grafische Umsetzung. Wir möchten das Buch ab September den Kundinnen und Kunden übergeben.

 

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Thomas Frieden (von links), Charlotte Frieden, René Lauper, Brigitte Aeschbacher und Patrick Aeschbacher.

Herr Lauper, als Gemmologe, Designer und Chef der Produktion waren Sie während fast 40 Jahren Partner von Thomas und Charlotte Frieden. Sind Sie jetzt im Ruhestand?

René Lauper: Nur teilweise. Ich helfe immer noch mit in der Firma, unterstütze Brigitte Aeschbacher bei der Umsetzung ihrer Schmuckideen und mache einen grossen Teil der Schatzungen.

Von der aktuellen Situation zurück in die Vergangenheit. Herr Frieden, was sind Ihre prägendsten Erinnerungen?

Thomas Frieden: Es sind so viele, dass ich nur einige herauspicken kann. Bei den Vorbereitungen zum Buch habe ich realisiert, wie stark das Reisen Teil meiner Berufstätigkeit war. Ich hatte 1970 den Grosshandel von meinem Vater Willi übernommen und reiste während Jahrzehnten mit den Schmuckkollektionen zu den Juwelieren in der Schweiz und im Ausland. Zusammen mit meiner Frau Charlotte besuchte ich neue Absatzgebiete und konnte Kunden in ganz Europa, in den USA, in der Karibik sowie Japan und Hongkong gewinnen.

„Seit dem Verkauf der Firma kann ich mich intensiv der Gemmologie und dem Handel mit Farbedelsteinen widmen.“ Thomas Frieden

Diese Reisen hatten Verkaufscharakter. Sie haben aber auch den Direkteinkauf von Edelsteinen und Kulturperlen ins Leben gerufen.

Thomas Frieden: Das war wichtig, um sich am Markt zu etablieren und konkurrenzfähig zu sein. Gemmologisches Fachwissen allein genügt nicht. Nur wer den Markt aus eigener Erfahrung kennt und täglich mit Angebot und Nachfrage konfrontiert ist, kann zu den besten Preisen einkaufen.

Wohin sind Sie zu diesem Zweck gereist?

Thomas Frieden: Wir besuchten die Edelsteinlagerstätten in aller Welt und die Handelsmetropolen. Die erste Reise nach Südostasien unternahm ich mit Berufskollege Bruno Bolli aus St. Gallen. Aber wir bezahlten Lehrgeld. Mit viel gemmologischem Wissen, aber wenig praktischer Erfahrung, landeten wir bei Leuten, die unsere Unerfahrenheit ausnutzten. So realisierten wir beispielsweise erst zuhause, dass die eingekauften Saphire zu dunkel waren. Wir wussten noch nicht, dass das Licht in diesen Ländern viel intensiver ist als bei uns. Ab 1976 begleiteten mich meist meine Frau und René Lauper zu den Edelsteinlagerstätten und Perlenzuchten und in die Handelszentren. Wir besuchten Sir Lanka, Indien, Thailand, Hongkong und Japan; später auch Madagaskar, Tahiti und Vietnam.

Was war die eindrücklichste Reise?

Thomas Frieden: Da muss ich nicht lange überlegen. 1993 hatten meine Frau und ich von Prof. Dr. Eduard Gübelin das überraschende Angebot erhalten, ihn zusammen mit vier weiteren Gemmologen zu den weltberühmten Lagerstätten von Mogok zu begleiten. Dies war kurz nachdem Burma seine Grenzen – nach der 30 Jahre dauernden Abschottung durch Diktator Ne Win – wieder zaghaft für Ausländer geöffnet hatte. Nach der beschwerlichen Fahrt ab Mandalay waren wir im wahrsten Sinne des Wortes „gerädert“. Dass wir bei Minustemperaturen in einer ungeheizten Militärbaracke untergebracht waren, ohne Strom und fliessend Wasser, vermochte unsere Begeisterung, endlich am Ziel unserer Träume zu sein, nicht zu trüben. Den Zauber, der von dieser Reise ausging, haben wir seither nie mehr erlebt.

 

Eduard Gübelin (links) mit Thomas Frieden, 1993 in Mogok, Burma.

Waren Sie seither wieder dort?

Ja, 22 Jahre später. Das Städtchen Mogok hatte sich in der Zwischenzeit stark entwickelt, und die Minenfelder waren viel grösser. Mogok gehört zur wichtigsten Provenienz für Anlagesteine, doch die Minen werden wohl in absehbarer Zeit erschöpft sein. Wie bei den Kaschmirsaphiren wird der Wert der gefundenen Farbsteine dann noch stärker steigen, als dies bereits der Fall ist.

Sie waren auch an einer Mine in Madagaskar beteiligt.

Charlotte Frieden: Durch die Vermittlung von Alex Leuenberger hielten wir lange Zeit eine Beteiligung an der Pink Valley Mine in der Nähe von Ilakaka. Dort war 1998 ein bedeutendes Vorkommen an blauen und pastellfarbenen Saphiren entdeckt worden. Nach dem Besuch der Mine 1999 entwickelten wir die Rainbow-Kollektion, die die Kundschaft bis heute begeistert.

Was gibt es über Ihre Vorfahren zu erzählen?

Thomas Frieden: Mein Grossvater Emil Frieden und sein Bruder Jakob hatten die Unternehmung 1898 in Langnau im Emmental gegründet. Da Trachtenschmuck damals gross in Mode war und sie die anspruchsvolle Filigrantechnik beherrschten, eröffneten sie eine Werkstätte für Filigranschmuck und genossen bald weitherum einen guten Ruf für ihre handwerklich hochstehende Arbeit.

Das Unternehmen Frieden ist heute in Thun angesiedelt.

Charlotte Frieden: Ja, seit 1907. Die Brüder trennten sich, Jakob eröffnete in Bern ein Geschäft und Emil zog in den aufstrebenden Fremdenkurort Thun. Das Wohn- und Geschäftshaus an der Hauptgasse 37 konnte er 1908 käuflich erwerben. Hier befindet sich noch heute der Firmensitz. Was er damals glücklicherweise nicht wusste: Er verstarb bereits zehn Jahre später. Seine Frau Lina sah sich vor die grosse Aufgabe gestellt, Werkstätte und Laden allein weiterzuführen und gleichzeitig fünf Kinder zu erziehen, bis zwei ihrer Söhne, Eugen und Willi, die Ausbildung zum Goldschmied abgeschlossen hatten.

Wie ging es dann weiter?

Thomas Frieden: Kaum waren Eugen und Willi ins Geschäft eingetreten, traf sie 1929 die Weltwirtschaftskrise. Der Ertrag reichte nicht mehr aus, um zwei Familien zu ernähren. Sie beschlossen, die Geschäftstätigkeit um den Grosshandel zu erweitern. Mein Vater Willi besuchte mit einer kleinen Kollektion Silberschmuck verschiedene Bijouterien in der ganzen Schweiz. Er war stolz, als er von Juwelier Meister in Zürich den ersten Auftrag in Gold erhielt. Für den Ankauf des Goldes fehlte allerdings das Geld, sodass er seinen Kunden um einen Vorschuss bitten musste.

 

Rubinkristall von 1714 Carat.

Wann wurde die Firma international tätig?

Charlotte Frieden: In den 60er Jahren. 1954 hatte mein Schwiegervater zu den Gründungsmitgliedern des Schweizer Pavillons an der Mustermesse Basel gehört und damit den Grundstein für die spätere Expansion gelegt. Die Kunden kamen am Anfang vor allem aus Deutschland, danach aus Europa und schliesslich aus der ganzen Welt. Von den Gründungsmitgliedern im Basler Pavillon existieren heute nur noch die Firmen Gübelin und Frieden, und leider ist auch die Baselworld Geschichte. Wie man weiss, führten Arroganz und Missmanagement der Messeleitung 2020 zu ihrem Ende.

Haben Sie auch an anderen Schmuckmessen teilgenommen?

Charlotte Frieden: Neben der ununterbrochenen Teilnahme in Basel von 1954 bis 2019 stellten wir in den USA, in Deutschland, Japan, Hongkong und in den Emiraten aus; seit 2019 auch an der GemGenève.

Sie haben die Firma 2018 verkauft. Hatten Ihre beiden Söhne kein Interesse, diese fortzuführen?

Thomas Frieden: Sie hatten von Anfang an andere Interessen. Matthias war aber lange Zeit im Verwaltungsrat der Frieden AG und Filmemacher Lukas unterstützt uns als Freelancer in der Werbung. So hat er zum Beispiel das Shooting auf dem Thunersee für den letzten Katalog gedreht, ebenso die Kampagne für die Kollektion Mother & Daughter. Für unser 125-Jahr-Jubiläum hat er soeben vier Filme fertiggestellt und hilft tatkräftig mit am Jubiläumsbuch. pd

frieden.ch

Im Aussendienst
Nach der Pensionierung von Heiner Gehrig, der während über dreissig Jahren für die Firma Frieden in der ganzen Schweiz und im Ausland unterwegs gewesen war, wurde sein Tätigkeitsgebiet aufgeteilt. Elisabetta Villoz reist in der Romandie und in der Deutschschweiz und hat kürzlich damit begonnen, das Kundennetz in Frankreich auszubauen. Daniel Nicklès ist in der deutschen Schweiz, in Deutschland und den nordischen Ländern unterwegs. Patrick Aeschbacher betreut Schlüsselkunden in der Schweiz sowie Kunden im Vereinigten Königreich und in Österreich. pd

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