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Nachgefragt bei André Schweiger

Er lässt sich von fast allem inspirieren, was spannende Formen aufweist. Die Schmuckstücke des Zuger Goldschmieds sind üppig, extravagant und immer mit ein bisschen „Rock’n Roll.

André, was hast du aus dem Coronajahr gemacht?

Während dieses aussergewöhnlichen Jahres wurde wohl allgemein mehr reflektiert und vieles hinterfragt. Es war (oder ist immer noch) auch für mich fordernd und gleichzeitig spannend. Während des ersten Lockdowns nahm ich mir eine kurze Auszeit und hielt mich oft im Garten und in der Natur auf. Dort spürte ich die Freiheit, die am Bröckeln zu sein schien und konnte auftanken. Das half mir mit der neuen Situation und der allgemein gedämpften Stimmung umzugehen.

Was treibt dich am Morgen an, um ins Atelier zu gehen?

Meine laufenden Projekte. Eine spezielle Motivation brauche ich nicht. Mein innerer Motor, etwas zu schaffen, steht eigentlich nie still.

Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht relevant ist?

In meinem Atelier gibt es tausend Dinge, die ich nicht direkt zum Kreieren von Schmuckstücken brauche. Ich neige dazu, alle Dinge mit schönen Formen mitzunehmen und zu sammeln. Egal ob es sich um Steine, Käfer oder Holzstücke handelt oder ob die Objekte aus dem Brockenhaus stammen. Hinter meiner Werkbank steht sogar ein ausgestopfter Fischreiher. Es gibt sehr vieles, das mich inspiriert. Ich brauche diese Inputs, um Neues zu schaffen. Für mich ist das eine Art „Druckausgleich“.

Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk am besten?

Ich arbeite gerne dreidimensional, liebe das Verarbeiten von Metallen und das Kreieren von neuen Formen. Ich fühle mich frei dabei und stelle mich gerne den Herausforderungen der Präzision. Ich arbeite gerne für mich allein, empfinde aber auch den Austausch mit anderen als sehr befruchtend. Es ist immer wunderschön, zusammen mit dem Kunden ein Schmuckstück zu entwickeln, das ich anschliessend umsetzen darf.

„Es ist immer wunderschön, zusammen mit dem Kunden ein Schmuckstück zu entwickeln, das ich anschliessend umsetzen darf.“

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Das ist gar nicht so einfach. Eigentlich bietet mir die Natur die grösste Inspiration. Meine Stücke orientieren sich an klassischem oder antikem Schmuck, aber sie sind auch immer mit etwas „Rock’n Roll“ behaftet. Ich durchbreche gerne Altbekanntes und bringe es in neue Formen. Da hat neben fliessenden, weichen, femininen Formen auch das Härtere, Maskuline Platz. So hat es sich ergeben, dass ich auch Männer anspreche und heute viel Schmuck für sie fertige. Das ist nicht so gekommen, weil ich etwa eine Nische gesucht hätte.

Der Scarabäusring ist Gelbgold und Stahl gefasst mit Jade und Brillanten.

 Engagierst du dich neben deinem Atelier in der Branche?

Ich war schon ein paarmal in der Jury der Schweizer Goldschmiede-Meisterschaft. Das war immer spannend und hat viel Spass gemacht. Aber ansonsten bin ich eher der Einzelkämpfer und fühle mich in meiner Werkstatt auch allein wohl.

Was kannst du besonders gut?

Anscheinend Schmuck machen, sonst würde es ja nicht schon so lange funktionieren (lacht). Ich denke, jeder Mensch hat Talente. Wenn er diese entdeckt und etwas daraus machen will, fallen Ängste und Zweifel weg und man packt die Dinge mit einer Selbstverständlichkeit an, die zum Erfolg führen kann.

Begleitet dich ein Lebensmotto?

Vertraue auf das Bauchgefühl, das Intuitive. So mache ich es bei meinem Schaffen, aber auch in allen anderen Bereichen kann das immer wieder hilfreich sein.

Zum Schluss darfst du noch wünschen, wen wir in dieser Serie als Nächstes befragen sollen.

Da kommt mir spontan Andi Gut in den Sinn. Wir haben die Goldschmiedelehre gleichzeitig angefangen, sind dann aber komplett verschiedene Wege gegangen. Er ist heute Professor an der Hochschule in Pforzheim.

Daniela Bellandi

André Schweiger ist aus Baar im Kanton Zug. Schon früh war für ihn klar, dass er mit seinen Händen arbeiten will. Bei Marc Schnyder in Zug absolvierte er die Lehre als Goldschmied. 1997 eröffnete er zusammen mit Freunden aus dem Textil- und Produktedesign-Bereich sein erstes Atelier. Seit acht Jahren betreibt der vierfache Vater ein Goldschmiedeatelier mit Showroom an der Baarerstrasse 103 in Zug. Wenn er nicht am Schmuckkreieren ist, widmet sich der 52-Jährige mit Vorliebe dem geselligen Leben, Beziehungen, Freunden, Heim, Garten und dem Kochen. Im Gegensatz zu der üppigen Formenvielfalt, die in seinem Atelier anzutreffen ist, hat er beim Wohnen entdeckt, das weniger mehr ist. So lebt er mit seiner Partnerin in der Stadt Zug auf 50 Quadratmeter plus Garten.