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Nachgefragt bei Corinne Hulliger

Corinne, was treibt dich am Morgen an ins Atelier zu gehen?

Seit Oktober habe ich Gin, einen jungen Hund. Ich freue mich jeden Morgen auf unseren einstündigen Spaziergang zu meinem Atelier. Durch mein spezielles „Geschäftsmodell“ erwartet mich jeden Tag viel Abwechslung, was ich schätze.

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Trauringe aus Waffenläufen Rotgold 750, Carbon und champagnerfarbene Brillanten.

Was ist denn speziell an deinem Geschäftsmodell?

Mein Partner und ich haben im Februar 2020 das Restaurant Mühlirad im Berner Mattenquartier übernommen. Anfangs konnten wir uns wegen Corona gleich im Schliessen und Öffnen üben (lacht). Bisher habe ich dort 80 Prozent und in meinem Atelier ebenfalls so viel Zeit gearbeitet. Das wird nun aber langsam ein bisschen zu viel und ich werde den Job im Restaurant auf 50 Prozent reduzieren.

Dann arbeitest du aber immer noch 130 Prozent.

Das geht schon, ich bin jemand, der viel Action braucht. Diese beiden Tätigkeiten ergänzen sich perfekt. Im Atelier bin ich oft alleine und treffe die Kunden hauptsächlich auf Voranmeldung und im Mühlirad freue ich mich auf die Gäste, die kommen und gehen.

Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht unbedingt relevant ist?

Dort steht immer eine Kaffeetasse. Ich bin ein Kaffejunkie.

Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk?

Das sind die Freiheiten und das Kreativsein. Besonders gespannt bin ich jeweils auf den ersten Blick, den eine Kundin auf das fertige Schmuckstück wirft. Das beobachte ich immer ganz genau, schliesslich will ich wissen, ob es ihr gefällt oder ob sie andere Vorstellungen gehabt hat.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Den gibt es nicht. Ich möchte mich auch bewusst nicht auf einen Stil festlegen. Lieber bleibe ich offen für alles. Ich scheue mich vor keinem Auftrag und will mich immer weiterentwickeln. Einmal bat mich ein Sportschützenpaar, aus einem Gewehrlauf Eheringe zu fertigen. Das war eine echte Herausforderung, aber ich habs gut hingekriegt. Ich probiere alle Wünsche zu erfüllen, so unter dem Motto „geht nicht gibt es nicht“.

Was kannst du besonders gut?

Ich bin schnell, arbeite routiniert und präzise. Die eigenen Kreationen mache ich auf Auftrag. Zudem erledige ich einige Arbeiten für Goldschmiedekolleginnen und -kollegen, seien dies Reparaturen, Umänderungen, Gravuren oder Rhodinieren. Zudem liebe ich es, einem alten Schmuckstück neues Leben einzuhauchen und es an die heutige Zeit anzupassen. Dabei treffe ich immer wieder auf Überraschungen und muss manchmal unkonventionelle Lösungen finden.

Was fasziniert dich neben deinem Beruf als Goldschmiedin?

Wie bereits gesagt, stellt die Arbeit in unserem Restaurant ein wunderbarer Ausgleich für mich dar. Das bisschen Freizeit, das noch bleibt, widme ich gerne meinem Gin, ausgedehnten Spaziergängen und einem Apéro mit Freunden. Ach, etwas ist da noch: Meine „Schwiegereltern“ haben beim Pilze sammeln einen Rehschädel gefunden, den ich für sie vergoldet habe. Seither sind einige weitere Tierschädel, beispielsweise von Krähen oder von Nagetieren, dazugekommen. Wenn ich genug davon habe, will ich damit ein schönes Schaufenster gestalten. Die Arbeit des Vergoldens ist meditativ und ich kann mich dabei gut entspannen.

Was macht gute Laune?

Ich bin glücklicherweise meist gut gelaunt und kann mich an kleinen Dingen erfreuen. Ich liebe spannende Gespräche und spontane Treffen mit lieben Menschen. Wenn es mir mal nicht so gut geht, lüfte ich den Kopf in der Natur.

Zum Schluss darfst du noch wünschen, wen wir in dieser Serie als nächstes befragen sollen.

Dafür möchte ich Goldschmiedin Simone Aebersold aus Burgdorf vorschlagen. Wir haben einen ähnlichen Werdegang. Sie ist kürzlich Mami geworden und es ist bewundernswert, wie sie Beruf und Familie locker unter einen Hut bringt.

Daniela Bellandi

creative-c.ch