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Nachgefragt bei Goldschmiedin Claudia Fiechter

In zweiter Ausbildung hat Claudia Fiechter Goldschmiedin gelernt und betreibt neben vielem anderen ihr „Reich“ Lovely Kingdom in Neftenbach bei Winterthur.

Claudia, was treibt dich an, wenn du am Morgen aufstehst und in dein Atelier gehst?

Mein Beruf ist Goldschmiedin, meine Berufung Künstlerin. Ich habe immer zahlreiche Projekte pendent. So gehe ich beispielsweise jeweils montags ins Morgenland von Erwin Schatzmann, um Holzskulpturen zu schnitzen, jeden zweiten Mittwoch gehe ich in die Werkstatt „Buchbekleidung an der Limmat“ in Zürich, wo ich mich um meine Kunstobjekte in Zusammenhang mit Buchbinden kümmere. Drei Tage pro Woche bin ich in meinem Laden – ich sage lieber in meinem Königreich – in Neftenbach anzutreffen, wo ich mich unter anderem Goldschmiedearbeiten widme. Das ist jedoch noch nicht alles. Einen besonderen Antrieb am Morgen brauche ich nicht, im Gegenteil, ich habe noch ganz viele Ideen, die ich verwirklichen möchte.

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Eine Hommage an Erwin Schatzmann ist diese Miniserie aus Silber. Sie stellt den Heiligen Geist dar.

Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht unbedingt relevant ist?

Da steht unter anderem ein Glas mit 100 kleinen Sternen (lucky stars), die eine Freundin in kunstvoller asiatischer Falt-Technik für mich gefertigt hat. Wenn es bei den Arbeiten um Herzensangelegenheiten wie Hochzeit oder Geburt geht, frage ich manchmal nach einem Bild der Kunden, weil ich mich gerne mit ihnen verbinde. Sie sollen genau das bekommen, was ihnen Freude macht. Diese Fotos stehen dann auch auf der Werkbank, obwohl sie nicht wirklich relevant sind.

Was gefällt dir am Goldschmiedehandwerk am besten?

Das sind einerseits die wertvollen Materialien und andererseits, dass ich damit meine schöpferische Seite ausleben kann. Es gefällt mir auch, dass man in die Formen gewisse Symbolwirkungen oder Botschaften verpacken kann.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Einen typischen Stil habe ich nicht, typisch ist höchstens, dass ich alles ausprobieren möchte. Mal sind meine Schmuckstücke grosszügig und opulente dann können sie wieder feiner und filigraner sein. Eines meiner Markenzeichen ist, dass ich die Objekte immer dreidimensional bearbeite, das heisst, dass auch die Rückseite gestaltet wird. So können Ketten, Ohrhänger und Anhänger beidseitig getragen werden.

 Was kannst du besonders gut?

Hartnäckig sein. Wenn mich ein Thema beschäftigt, resultieren daraus Schmuckstücke, Skulpturen und Bilder. Ich bin ein alleingeborener Zwilling – ein Thema, das mich mein Leben lang begleitet. Um diese Tatsache zu verarbeiten, habe ich zahlreiche Bilder gemalt. Schliesslich ist ein Buch daraus entstanden. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, so gebe ich nicht auf, bis das kleinste Detail so umgesetzt ist, dass es für mich stimmt. Viele Dinge reifen erst während des Arbeitsprozesses und werden durch meine schöpferische Tätigkeit zum Leben erweckt.

Was macht eine Person schön?

Ein Mensch, der innere Zufriedenheit spüren kann, strahlt das auch aus und wenn er dann noch lacht, ist er schön. Wenn er zudem noch meinen Schmuck trägt, ist er noch schöner (lacht).

Was tust du für die Umwelt?

Ich versuche möglichst keinen Abfall zu produzieren und kaufe keine Fertigprodukte und nur wenig Ware, die in Plastik gehüllt ist. Auch bei Kosmetika oder Waschmitteln schaue ich auf natürliche Inhaltsstoffe.

Was macht gute Laune?

Miteinander lachen und musizieren. Ich habe zehn Jahre Schlagzeug gespielt. Vor zwei Jahren habe ich wieder mit Geigenspielen begonnen, weil ich einen Lehrer gefunden, der mir das Spielen ohne Noten beibringen kann. Nun nehme ich das schöne Instrument wieder regelmässig in die Hand, weil mich das glücklich macht.

Zum Schluss darfst du noch wünschen, wen wir in dieser Serie als nächstes befragen sollen.

Da denke ich an Daniela Eicher aus Märwil. Wir haben bei Schuppisser zusammengearbeitet und ich habe immer ihre Geduld bewundert, mit der sie Reparaturen erledigt hat. Zudem mag ich ihre direkte und ehrliche Art.

Daniela Bellandi

Die vielseitig talentierte Claudia Fiechter-Wipf ist 1967 in Winterthur geboren. Schon früh hat sich ihre ausgeprägte Kreativität bemerkbar gemacht. Anfang 80er Jahre war es für junge Frauen noch fast unmöglich, eine Lehrstelle als Goldschmiedin zu finden. So musste sie auch nach einem Jahr Vorkurs an der Kunstgewerbeschule St. Gallen nur Absagen einstecken. Da sie damals schon „einfach alles schöner machen wollte“, entschied sie sich als Übergangslösung für eine Coiffeusen-Lehre. Anschliessend ging sie für mehrere Monate nach Australien. Erst nach einer Schnupperwoche und weiteren hartnäckigen Bemühungen, konnte sie Goldschmied Ernst Schuppisser von Winterthur überzeugen, ihr eine Lehrstelle zu geben. Nach dem erfolgreichen Abschluss blieb Claudia Fiechter noch eineinhalb Jahre bei ihm tätig. Dann heiratete sie und bekam zwei Kinder. Immer musste sie etwas mit ihren Händen machen, sei dies Edelmetalle verarbeiten, schnitzen, malen, backen, nähen und so weiter. 2008 konnte sie in ihrem Wohnort Neftenbach ein Ladenlokal übernehmen, in dem früher ein Uhrmacher tätig war. Seither ist sie in ihrem „Lovely Kingdom“ glücklich und freut sich, an diesem Ort Schmuckstücke und weitere Kunstgegenstände zu schaffen und die Kunden mit einem Tee oder Kaffee verwöhnen zu dürfen. db

lovelykingdom.ch